Montenegro

Allgemeine Informationen

Das montenegrinische Staatsgebiet grenzt im Nordwesten an Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina, im Nordosten an Serbien, im Südosten an den Kosovo und im Süden an Albanien. Das Land hat 620.000 Einwohner*innen. Die ehemalige Teilrepublik Jugoslawiens verblieb nach Zerfall des Vielvölkerstaates zunächst in einem Staatenverbund mit Serbien. 2006 erklärte sich das Land in Folge eines Unabhängigkeitsreferendum, in welchem die notwendige Mehrheit von 55 Prozent nur knapp überschritten wurde, für unabhängig.

2010 erhielt Montenegro offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten, die Beitrittsverhandlungen mit der EU laufen seit 2012. Seitdem steht das Land vor der Herausforderung, die staatlichen Strukturen im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Marktwirtschaft an die Standards der EU anzupassen. Der Reformbedarf ist hoch. Zudem hat das Land Schulden in Milliardenhöhe, v. a. bei China. Die Corona-Krise hat die finanzielle und wirtschaftliche Lage zusätzlich verschärft, da in der Folge der Tourismus, welcher ca. ein Viertel des Bruttosozialprodukts ausmacht, weitgehend zusammengebrochen ist.

2020 vollzog Montenegro einen grundlegenden politischen Regimewechsel. Bis dahin wurde das Land fast 30 Jahre lang aus verschiedenen Ämtern von Milo Đukanović regiert. Bei den letzten Wahlen erlitt die korrupte Regierung nun eine Niederlage, die den ersten wirklichen demokratischen Machtwechsel seit Einführung demokratischer Wahlen 1990 einleitete.

Allgemeine Informationen

Nach drei Monaten Koalitionsverhandlungen hat sich eine breite Koalition unter der Führung von Zdravko Krivokapić gebildet, die Parteien mit unterschiedlichsten politischen Zielen vereint, darunter sozial-liberale Gründe und rechtskonservative Nationalist*innen. Das neue Bündnis ist im Gegensatz zur bisherigen Regierung unter Đukanović eher pro-russisch eingestellt, die Führer*innen der jeweiligen Parteien kündigten jedoch an, am Beitritt zur EU festhalten zu wollen. Krivokapić selbst ist parteilos. Auch die von ihm geführte Regierung besteht fast ausschließlich aus Expert*innen, die das Land nun grundlegend reformieren sollen.

Während der Jugoslawien-Kriege nahm Montenegro zahlreiche Menschen zunächst aus Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina, später aus dem Kosovo auf. Der UNHCR ist daher bereits seit 1992 vor Ort aktiv. Noch ca. 12.500 Geflüchtete aus dem ehemaligen Jugoslawien, die Mehrheit Romn*ja, sind seitdem in Montenegro verblieben. Viele von ihnen Leben in Armut, verfügen über einen geringen Bildungsabschluss und sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Ein Teil der Menschen lebt zudem in Flüchtlingslagern, hat keinen legalen Aufenthaltsstatus und damit auch keine Arbeitserlaubnis.

Gleichzeitig flüchteten und flüchten insbesondere Romn*ja auch aus Montenegro u. a. nach Deutschland. 2015 wurde Montenegro von Deutschland als Sicherer Herkunftsstaat eingestuft. Seitdem können Asylsuchende aus Montenegro leichter abgeschoben werden.

Situation für People on the Move

Insbesondere durch eine Verschiebung der Balkanroute ist die Anzahl der Geflüchteten in Montenegro 2018 gegenüber den Vorjahren stark gestiegen. Dennoch ist die Zahl von People on the Move im Vergleich zu anderen Balkanstaaten insgesamt eher gering. Für die meisten People on the Move ist Montenegro Transitland Richtung Bosnien-Herzegowina sowie Kroatien und dann weiter nach Mitteleuropa. Der Grenzübertritt ist schwierig und nur auf Schleichwegen möglich. Berichten von Betroffenen zufolge gibt es auch Push Backs.

Seit 2020 ist in Montenegro zudem eine Frontex-Mission aktiv. 2019 hat das Land im Zuge der Annäherung an die EU eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit beim Grenzmanagement unterzeichnet, deren Ziel eine verstärkte Überwachung der Grenzen zwischen der EU und Montenegro ist. In der Folge wurden zunächst im Juli 2020 FRONTEX-Offiziere an der Grenze zu Kroatien zur Unterstützung der montenegrinischen Grenzpolizei stationiert. Von Oktober 2020 bis Januar 2021 lief dann eine zweite FRONTEX-Operation, die primär in der Luftüberwachung der Seegrenze bestand. Mit Hubschraubern und Flugzeugen wurde versucht, People on the Move im Seegebiet aufzuspüren und vom Erreichen des montenegrinischen Festlandes abzuhalten. Faktisch wurde damit die EU-Außengrenze erneut weiter nach außen in einen Drittstaat verlagert.

Situation für People on the Move

Es ist möglich, in Montenegro einen Asylantrag zu stellen. Ein Asylsystem gibt es seit 2007. Zwischen 2007 und 2019 wurden von 14.881 gestellten Anträgen nur 77 positiv beschieden. 2019 wurden 1.879 Asylanträge gestellt, jedoch nur 10 beschieden – 5 davon positiv, 5 negativ. Auch 2020 wurde nur über 10 von 523 gestellten Asylanträgen entschieden (alle aus dem Iran, Entscheidung positiv). 2019 hat Montenegro angekündigt, das Asylsystem dem europäischen anzupassen, indem es u. a. die Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete erhöht und Integrationsmaßnahmen verstärkt.

Für Geflüchtete, die aktuell nach Montenegro kommen, gibt es zwei offizielle Aufnahmezentren: in Spuž nahe der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica und seit 2020 in Božaj, nah an der Grenze zu Albanien. Dem „Spiegel“ zufolge werden sie dort gut versorgt, erhalten Lebensmittel sowie medizinische Betreuung. Berichte von Betroffenen zur Situation vor Ort liegen der Balkanbrücke derzeit nicht vor. Die Versorgung in den Zentren wird vom UNHCR unterstützt. Dieser stellte auch während der Corona-Pandemie, welche die geflüchteten Menschen in Montenegro besonders hart getroffen hat, mit finanzieller Unterstützung der EU Hilfe Nahrungsmittel, Hygieneartikeln und Mietzuschüssen bereit. Die Maßnahmen des UNHCR in Montenegro sind darauf ausgerichtet, die Entwicklung des Landes von einem Transitland zu einem Aufnahmeland voranzubringen.

Unterstützungsstrukturen

Über lokale Unterstützungsstrukturen liegen der Balkanbrücke bisher noch keine Informationen vor.

Stand: Januar 2022

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