Frühjahrsupdate
Auch im Jahr 2025 versorgt unsere Partnerorganisation Compass071 in Sarajevo weiterhin People on the Move mit Kleidung, etwas zu essen, einer warmen Dusche und einem Ort für Austausch und Begegnung. In den ersten drei Monaten des Jahres besuchten 522 Personen das Tageszentrum von Compass071. Etwa die Hälfte der Menschen stamme aus Marokko, viele weitere aus Algerien, Syrien, Afghanistan, Pakistan, dem Irak sowie aus Bosnien und Herzegowina. Im März, während des Ramadans, habe Compass071 insgesamt 187 Menschen unterstützen können und ihnen das Nötigste für ein menschenwürdiges Leben sowie einen sicheren Ort geboten, an dem sie sich – wenn auch nur vorübergehend – sicher fühlen konnten.
Insgesamt beobachtet Compass071 einen Rückgang der Zahlen. Immer mehr Menschen meiden offenbar Bosnien und Herzegowina als Transitland auf ihrer Flucht. Als mögliche Gründe werden unter anderem die schlechten Bedingungen in den Camps sowie die Gefahren bei der Überquerung von Grenzen – etwa der Drina – genannt. Dort sind in letzter Zeit wiederholt Menschen ertrunken. Auch der Umstand, dass der Transit von Sarajevo bis nach Zagreb derzeit mit etwa 1000 Euro gehandelt werde, könne dazu führen, dass Menschen sich vermehrt für alternative Routen entschieden. Laut KlikAktiv versuchten immer mehr Geflüchtete, ihre Reise über Ungarn nach Westeuropa fortzusetzen, während gleichzeitig die Zahl derjenigen steige, die gewaltsam aus Ungarn nach Serbien zurückgedrängt würden.
Compass071 wird weiterhin Zeug*in der Brutalität europäischer Grenzpolitik – insbesondere in Form von illegalen Pushbacks. Besonders eindrücklich sei ein Fall gewesen, bei dem eine Gruppe von Menschen tagelang von Schmugglern in einem Haus festgehalten worden sei. Ohne Nahrung und von der Außenwelt abgeschnitten, seien sie dort eingesperrt worden, während ihre Familien unter Druck gesetzt wurden, Lösegeld zu zahlen. Erst nachdem ihnen alles abgenommen wurde, was sie besessen hatten, seien sie freigelassen worden.
Vor dem Hintergrund zunehmender Überwachung und Repression erinnert Compass071 auch an einen Vorfall im November 2023: Damals hat die serbische Polizei bei der Räumung eines verlassenen Gebäudes in Sombor, das von People on the Move bewohnt wurde, ein Gerät eingesetzt, das ein lautes, durchdringendes Geräusch erzeugt hat. Zeug*innen zufolge sei das Geräusch von einem nahegelegenen Feld gekommen und habe die Räumung beschleunigen sollen. Es werde vermutet, dass es sich um eine sogenannte „Schallkanone“ gehandelt habe. Interessanterweise habe erst der Verdacht, dass dasselbe Gerät im März 2025 bei Protesten in Belgrad gegen Bürger*innen eingesetzt wurde, für breitere Aufmerksamkeit gesorgt. Diese Situation verdeutliche laut Compass071 etwas Wesentliches: „Gewalt gegen andere wirkt sich leicht auf uns aus. Gegen PoM eingesetzt, blieb sie unsichtbar. Doch Gewalt ist immer Gewalt. Sie ist systemisch, keine Ausnahme.“
Während die Grenzen Europas mit Stacheldraht und sogenannten Pushbacks weiter abgeriegelt werden, entwickle sich der Balkan immer mehr zu einer informellen Pufferzone – einem Ort, an dem sich die Folgen politischer Entscheidungen und immer brutalerer Kontrollmethoden konzentrierten.
Trotz all dessen betont Compass071 immer wieder die Bedeutung von Verbundenheit: die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, den Austausch mit Menschen und Gästen, die bislang wenig Berührungspunkte mit dem Thema gehabt hätten. Dieser Austausch bringe stets neue Erkenntnisse und Kraft im anhaltenden Kampf für die Würde aller Menschen auf der Flucht. Solidarität, so Compass071, trage sie – und trage sie immer noch weiter.
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